Nachhaltige Marktwirtschaft

Bürgerstrom

Wirtschaftskrise und Tobin-Steuer

Finanzkrise - Wirtschaftskrise - Weltwährung - Inflation

Die Finanzkrise, die folgende Wirtschaftskrise und die damit verbundenen populistisch und eindrucksvoll aufgedunsenen Angstgeister, die durch die Medien in Presse, Funk und Fernsehen getrieben werden, verfehlen Ihre Wirkung in der Bevölkerung nicht.
Immerhin haben 76% der Deutschen Angst vor Inflation, jeweils 58% vor der Verschlechterung der Wirtschaftslage und vor Naturkatastrophen (GfK-Studie für die R+V Versicherung «Die Ängste der Deutschen 2008»)
Bedenken Sie, dass alle diese Studien aufgrund der Meinungsbildung der Bevölkerung durch die Medien beeinflusst sind und je nach aktueller Ereignislage die Ängste sich verändern. Jeder Bürger sollte sich aber bewusst machen, dass viele der angeblich freien journalistischen Meldungen interessengesteuert sind. Die so genannte „freie“ Presse gibt es nur in der Illusion. Sie ist natürlich frei im Sinne des Artikels 5 unseres Grundgesetzes. Sie ist auch frei bei der Veröffentlichung von Trendmeinungen, die ihnen aus interessierten Kreisen zugerufen werden, um dann als Allgemeingut dargestellt zu werden. Aber seien Sie versichert, sie ist nicht frei, wenn es um die eigenen Interessen bei der Veröffentlichung von Werbung in den Medien geht. Oder sind Sie der Meinung, dass ein Energiekonzern in einer Zeitung jede Woche mehrmals großflächige Anzeigen schalten würde, wenn auf der gegenüberliegenden Seite derselben Zeitung gleichzeitig ernsthaft über die Mängel desselben Unternehmens berichtet werden würde?

Wir sind ein von mächtigen Lobbyismusgruppen gesteuerter Wirtschaftsstaat. Der Wirtschaftsstaat mag seine gute und erkennbar Wohlstand mehrende Berechtigung haben. Ich dokumentiere selbst laufend, dass ich ein großer Freund der Marktwirtschaft bin, allerdings mit der adjektivischen Ergänzung – nachhaltige Marktwirtschaft.
Den Machteinfluss der Lobbyisten in die politischen oder gar gesetzgeberischen Entscheidungsebenen sehe ich schon als wenigstens hinterfragenswert und veränderungsnotwendig an. Die Meinungsbildung durch Medien ist nicht so frei, wie uns viele das glauben machen wollen.
Am Thema erneuerbare Energien und Klimawandel ist das jederzeit belegbar.


Spätestens seit Heiligendamm und den Berichten des IPCC hatte man doch nur noch Krisenszenarien in den Medien dargestellt. Wissenschaftler überboten sich mit Gruselmeldungen. Wirtschaftsexperten zeichneten ein dramatisches Wirtschaftsszenario, wenn man die erneuerbaren Energien sich weiter entfalten ließe. Wie oft mussten wir uns anhören, dass wir das Wachstum bremsen und verantwortlich seien für Energiepreis-steigerungen. Anderthalb Jahre wurde von Klimakatastrophe, Klimakollaps, Überschwemmungen, Dürren, Klimahysterie, Klimatsunami, Weltuntergang oder gar „Wir haben nur noch 13 Jahre Zeit, um das Klima zu retten.“ geschrieben.
Das ist richtig motivierend für Menschen, etwas zu ändern. Man bekommt gesagt, in 13 Jahren ist sowieso „Zapfenstreich“, aber du sollst heute kräftig investieren. Die Politik, die Wirtschaft und die Medien nutzten und nutzen schamlos die Ängste der Menschen aus.

Heutzutage kann man vermuten, dass solche Angstszenarien zielgerichtet benutzt werden, um wirtschaftliche Interessen durchzusetzen. Was ist denn seit diesen Untergangsmeldungen passiert? Die Energiepreise, insbesondere bei Öl und Gas sind um ein Mehrfaches angestiegen.
Auf einmal war angeblich das Öl knapp, weil nicht genug gefördert wurde („das sind die „Bösen“ von der OPEC“) oder die Zugänge zu Gasvorkommen und Gaslieferungen werden unsicherer („das sind die „Bösen“ Russen“) oder das Wachstum in Asien geht rasant voran („das sind die „Bösen“ Chinesen und Inder“).
Der „Kalte Krieg“ ist wieder lebendig, heute nur mit anderen Mitteln. Die modernen Waffen sind nicht mehr Panzer und Atomraketen. Da wurde letztlich nur Geld ausgegeben. Jetzt kann man über Börsen die Preise beeinflussen und kräftig mit den innovativen Finanzprodukten eine Menge Geld verdienen. Die modernen „Waffen“ sind Derivate und Zertifikate.
Schuld an den steigenden Preisen haben aber nur die anderen. Niemals die Spekulanten, die Hedgefonds oder andere interessierte Kreise aus den Industriestaaten.

Sie haben sicher auch gemerkt, dass die Weltpolitik und die Weltmedien seit einigen Wochen keine Horrorszenarien mehr über den bedrohlichen angeblich bevorstehenden Weltuntergang durch den Klimawandel verbreiten, obwohl wir jetzt mutmaßlich nur noch 12 Jahre Zeit haben.
Nun werden wir durch die weltumspannende Finanzkrise und die drohende Weltrezession täglich mit einem Gruselstück nach dem anderen aus der Finanzwelt beeinflusst. Die Speerspitze des Monetarismus - der IWF - hat am 06.11.2008 verkündet, dass die Weltwirtschaft im Jahr 2009 schrumpfen wird. Seien Sie sicher, die Weltwirtschaft wird schrumpfen. Sie wird aber nach meiner Auffassung nicht in die Krisenszenarien einmünden, wie die Medienlandschaft dies verbreitet. Vergleiche mit der „großen Depression“ der dreißiger Jahr des letzten Jahrhunderts sind nicht angebracht. Dafür sind die Ursachen und die Rahmenbedingungen in einigen wichtigen Punkten sehr unterschiedlich zu damals. Bedenken Sie: Diese Propaganda ist dazu da, um vom Wesentlichen abzulenken.

Die Finanzwelt inszeniert derzeit sehr geschickt das Bild der weltumspannenden Wirtschaftskrise, um von den eigentlich viel wichtigeren Fragestellungen zur Finanzkrise abzulenken. Die Finanzkrise hat bestimmte Ursachen. Die Politik hat im ersten Aktionismus Maßnahmen und so genannte Rettungspakete zur Beruhigung der Finanzmärkte aufgerufen. Es werden Hunderte Milliarden an Steuergeldern in die „Schwarzen Löcher“ versenkt. Die Zinsen wurden weltweit mehrfach gesenkt. Es wird unglaublich viel Geld in den Bankenkreislauf gepumpt. Alles scheinbar nützliche Maßnahmen für die Wirtschaft. Aber den Finanzakrobaten ist bisher doch nicht wirklich etwas Ernsthaftes passiert. Regulierung ist bisher nur angedroht von der Politik. Der am 15.11.2008 zu eröffnende Weltfinanzgipfel könnte theoretisch das ein oder andere Regulativ andeuten.
Lassen wir uns nicht blenden von den Tagesparolen der Politik. Viel wird an diesem Wochenende nicht beschlossen werden. Und selbst wenn Absichtserklärungen gegen die ungezügelte Zockerei an den Finanzmärkten abgegeben werden, erinnere ich an die Deklaration von Rio. Wenn Sie sich bewusst machen, welche edlen Ziele vor 16 Jahren deklariert wurden und was daraus geworden ist, können Sie sich ausmalen, was auf dem Weltfinanzgipfel für Ergebnisse zu erwarten sind.

Regulierung wird so weit wie möglich verhindert werden. Es gibt in der Zeitrechnung nach Lehman Brothers genug handfeste Argumente, um Leerverkäufe zu verbieten, den Zertifikatehandel, den Credit Default Swap Handel oder den Handel mit strukturierten Finanzprodukten einzuschränken, um unverantwortliche Finanzierungen einzugrenzen, um Bilanzierungsinnovationen zu begrenzen und vieles mehr. Die Argumente gab es zwar schon vorher, aber der Finanzmarkt war unantastbar.

Es gilt jetzt die Devise: „Hast du keine Finanzargumente mehr, dann muss eine Wirtschaftskrise her.“ Welcher Politiker wird genug Standvermögen haben, trotz der angedrohten Wirtschaftskrise, den Finanzmarkt zu regulieren? Immerhin versprechen uns die Finanzakrobaten, dass Sie bei ausreichender Freiheit für Ihre künftigen Produkterfindungen die Weltwirtschaft wieder flott machen werden. Zu diesem Thema habe ich auch einige Betrachtungen zum Steinbrück-Zitat über Brandstifter geschrieben.
Finanzkrise – Das Rettungspaket als Backdraft der Finanzmärkte

Wir können uns stundenlang über die negativen Ereignisse unterhalten, die aus der Finanzkrise erwachsen können und teilweise auch werden. Mein Blick gilt aber dem Positiven. Der Ölpreis ist von seiner Spitze von über 145 Dollar pro Barrel auf 55 bis 65 Dollar gefallen. Wenn das kein Erfolg gegen die Spekulanten ist. Der Spritpreis ist um über 20 Cent pro Liter gefallen. Wenn das kein Erfolg gegen die Monopolenergieindustrie ist. Die Rohstoffpreise fallen deutlich auf breiter Front. Da ja angeblich der Agrosprit für die Preissteigerungen bei Lebensmitteln verantwortlich war, können wir uns freuen, dass die Realität nun obsiegt hat und den Börsenzockern das Handwerk erschwert wurde. Somit werden die Lebensmittelpreise kurzfristig tendenziell zumindest stabil bleiben.

Betrachten Sie diese und weitere Vorteile in Ihrem persönlichen Umfeld. Sie werden feststellen, dass Ihre persönliche Haushaltsbilanz in dieser Finanzkrise so schlecht gar nicht aussieht. Die Politik hat sich jahrelang nicht getraut, den Hedgefonds und anderen Finanzjongleuren Grenzen zu setzen. Jetzt ist die Blase geplatzt. Ich würde sagen, die gezinkten Karten liegen offen auf dem Tisch.
Wir müssen abwarten, ob die Politik die Kraft hat, die gezinkten Karten einzusammeln und ein neues Blatt in der Geschichte der Marktwirtschaft aufzuschlagen. Eine Betrachtung hierzu habe ich im Internet veröffentlicht. Der Apfel – die reife Frucht der Marktwirtschaft

Die Inflation stellt im Moment keine Gefahr dar. Die durch spekulative Blasen getriebenen Energiepreise und Rohstoffpreise müssen aktuell eine Atempause einlegen, da die Banken die Spekulanten nicht weiter mit neuem Geld füttern können, weil die Banken selbst Probleme haben. Die Zentralbanken können durchatmen und die Zinsen senken. Das ist gut für die Wirtschaft und kann den bevorstehenden Einbruch im Wirtschaftswachstum bremsen. Nach derzeitiger Definition wird das Wachstum auf Basis des Bruttoinlandsprodukts berechnet.
Das BIP ist ein zusammengefasster Wert aller Waren und Dienstleistungen, die in einem bestimmten Zeitraum innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft für den Endverbrauch produziert wurden.
Vielleicht gelingt es der Ökonomie, die bisherige Wachstumstheorie zu modernisieren. Wer nur monetaristisches, d.h. in Geld definiertes Wachstum für selig machend hält, wird immer auf der falschen Spur laufen. Würde man die externen Kosten, d.h. Schäden an der Umwelt oder durch Unglücke und Schäden in den sozialen Strukturen in die Wachstumsprognosen einberechnen, hätten wir bereits heute wahrscheinlich kein positives Wachstum. Nachhaltigkeit spielt bei den derzeit meinungsführenden Ökonomen nur eine sehr untergeordnete Rolle.

Wenn beispielsweise durch einen Sturm Dächer abgedeckt, Keller überflutet, Straßen unterspült und Autos zerstört werden, gehen die Erneuerungsinvestitionen vollständig als Wachstum in die derzeitigen Berechnungen ein. Auch kommen weitere „Wachstumshebel“ wie steigende Versicherungsprämien oder erweiterte Absatzmärkte z.B. durch den Verkauf neuer Autos nach dem Sturm hinzu.

Diese Art von Wachstumstheorie war schon immer absurd. Sie war und ist aber „Mainstream“, weil es kaum mutige Ökonomen und Politiker gibt, die die etablierten Ansätze ernsthaft hinterfragen. Solche Ansätze gibt es zwar, werden aber vom Establishment schnell in bestimmte Ecken wegdiskutiert.
Beruhigend erscheint mir, dass ausgerechnet dieses Jahr Paul Krugman den Wirtschaftsnobelpreis erhalten hat. (Spiegel online 13.10.08 - Der größte Triumph des Katastrophen-Orakels)

Um den Währungsspekulanten das Handwerk zu legen, wird immer wieder gerne über eine Weltwährung diskutiert. Das klingt gut, ist aber nicht mal ein Traum, es ist eine Illusion. Wir schaffen es nicht einmal im kleinen EURO-Raum, uns an die Regeln zu halten, die die Politik für richtig erachtet hat. Staatsdefizite sollten im EURO-Raum in bestimmten Grenzen gehalten werden. Derzeit scheint es wegen der Finanzkrise völlig egal zu sein, wie hoch die Staaten sich verschulden. Die Krise ist angeblich so groß, dass man seine eigenen Regeln über Bord wirft. Über die Schäden durch die jetzigen Finanzkrisen- und Wirtschaftskrisen-„Rettungsprogramme“ wird man dann in ein paar Jahren auf anderen Weltfinanzgipfel und Krisenbeseitigungsprogramme sprechen.
Stellen Sie sich selbst die Frage, ob es wirklich erstrebenswert ist, eine Art „Weltdollar“ haben zu wollen? Wer bestimmt dann die Finanz- und Wirtschaftspolitik? Die Währung eines Landes ist ja nicht das Problem. Die Unehrlichkeit in der Weltpolitik, der wieder aufflammende Protektionismus, der Egoismus einzelner Staaten ist das Problem. Ich spreche in diesen Zusammenhängen von Fairness unter den Handelspartnern. Glauben Sie, dass die Weltvölker fair miteinander umgehen?

Um Spekulanten etwas zu zügeln, hat bereits 1972 James Tobin eine Abgabe auf Devisengeschäfte gefordert. 1981 erhielt er den Wirtschaftsnobelpreis für seine Analyse der Finanzmärkte. Man weiß seit wenigstens 36 Jahren, wie man die Währungsspekulation eindämmen könnte. Ich habe zwar gehört, dass das Thema Währungen als eines der wichtigsten auf den künftigen Weltfinanzgipfeln behandelt werden soll. Ich habe aber noch keinen wichtigen Politiker, Wissenschaftler oder gar Wirtschaftsexperten gehört, der das Thema Tobin-Steuer auf den Konferenzen als Tagesordnungspunkt einbringen wird.

Würde man die Tobin-Steuer auch auf Aktienspekulationen ausweiten, könnten die Staaten unglaubliche Geldmengen einnehmen und hätten für künftige Finanzkrisen ein gutes Vorsorgepolster. Angeblich betrug 2006 der Gesamtumsatz aller Aktien, Optionen u.a. an den deutschen Börsen (ohne Währungen) rund 5.000.000.000.000 (5 Billionen EURO). Bei einer Tobin Steuer von 1% auf jeden Umsatz würde der deutsche Staat demnach 50.000.000.000 (50 Milliarden EURO) eingenommen haben. Da kommt in ein paar Jahren ein nettes Sümmchen zusammen. Innerhalb von 10 Jahren wäre der deutsche Staat somit ganz leicht in der Lage, jede Finanzkrise zu meistern, ohne einen Cent Steuergelder verschwenden zu müssen.

Lösungen können so schrecklich faszinierend einfach sein für angeblich so schwierige komplexe Fragen wie die derzeitige Finanzkrise. Natürlich muss man Bedenken, dass bei einer Tobin-Steuer das Spekulantentum dramatisch einbrechen würde. Die Börsenumsätze in Deutschland würden vermutlich auf eine Billionen EURO oder weniger sinken. Die Luxusparty mit Champagner und Kaviar für die Daytrader und die Leerverkäufer wäre vorbei. Es würde nur noch ein Volksfest bei Hähnchen und Bier stattfinden.

Allerdings wäre hierdurch eine wichtige Ursache der Finanzkrise eingedämmt: Die maßlose und unkontrollierte Spekulation, die durch Fremdfinanzierungen überhaupt erst möglich gemacht wird. Ferner kann die Tobin-Steuer nur eingeführt werden, wenn sich alle wichtigen Staaten der Welt einig wären, diese Steuer einzuführen. So würden Sitzverlagerungen der Firmen verhindert. Wenn einzelne Inselstaaten nicht mitmachen würden, wären diese durch entsprechende Steuergesetze und konsequente andere Regelungen durchaus in den Griff zu bekommen.
Wir werden wieder erleben, dass nichts Ernsthaftes gegen die sich verselbständigte Finanzwirtschaft unternommen wird. Somit kann ich eines mit Gewissheit schon vor Ende dieser Finanzkrise sagen: „Ohne ernsthafte Maßnahmen zur Eindämmung der Spekulationen auf Kosten der Volkswirtschaften ist die nächste Finanzkrise so sicher wie das Amen in der Kirche.“
Jeder Einzelne von uns sollte sich daher auf das konzentrieren, was möglich ist. Seine Ersparnisse so zu investieren, dass die Renditen aus dem Kapital nachhaltig erreichbar sind. Seine Investitionen so wählen, dass diese in der Zukunft Kosten sparen. Seine Orientierung im wirtschaftlichen Handeln so wählen, dass Schäden für die Umwelt und die Gesellschaft vermieden werden. Den Eigennutz mit dem gesellschaftlichen Nutzen zu verbinden, ist ein Bestandteil nachhaltigen Wirtschaftens. Diese Balance ist derzeit nicht gegeben. Wir haben aber die historische Chance, dies zu ändern. Heute.

Sonnige Grüße
Dietmar Helmer
Pattonville, den 14.11.2008


Finanzkrise und Tobinsteuer - Tobinrücklage
- Eigenkapital - Staatsverschuldung
 

Finanzkrise – Tobinsteuer – Eigenkapital der Banken – Staatsverschuldung – Schuldenabbau

Einführung

Die Finanzmarktkrise hat verschiedene Ursachen, über die vielseitig diskutiert wird und unterschiedliche Bewertungen abgegeben werden.
Worüber Einigkeit zu bestehen scheint ist,

  • dass der Finanzmarkt im Herbst 2008 fast kollabiert wäre,
  • dass viele Banken durch die nicht mehr marktfähigen Finanzanlageprodukte in ihren Bilanzen weitgehend ihr Eigenkapital verloren haben
  • dass vor allem die Industriestaaten unmittelbar handeln mussten, um den Finanzmarkt zu stabilisieren,
  • dass hierdurch enorme finanzielle Belastungen auf die Staatshaushalte durch massive Neuverschuldung in den nächsten Jahren entstehen.
  • dass es infolge der Finanzkrise zu einer Wirtschaftskrise gekommen ist und unbeteiligte Dritte ebenfalls die Folgen zu tragen haben.

Die Fehler und die Hilfen

Aus den weit reichend unregulierten Verhaltensweisen von Finanzinstitutionen und dem Versagen interner Controllings, sowie politisch gewollter Lenkungsmechanismen erwuchs eine Finanzblase besonders großen Ausmaßes.
Die Staaten haben durch massive Intervention das Finanzsystem gerettet. Der Preis des Versagens ist eine tiefe weltweite Rezession im Jahr 2009 mit folgender Arbeitslosigkeit und ein massiver Anstieg der Staatsverschuldung durch staatliche Konjunkturprogramme und folgend auch durch massive Steuerausfälle.

Die Fragestellung

Es stellen sich für jeden die Fragen:

  • Wie kann wenigstens dieser massive Zuwachs an Staatsverschuldung jemals wieder abgebaut werden?
  • Wie kann das Eigenkapital der Banken gestärkt werden? 
  • Wie kann man die Banken zum „Schadensersatz“ bringen, ohne dass die Verluste im Wesentlichen letztlich vom Steuerzahler getragen werden?

Ist die Tobinsteuer eine Lösung?

Eine aktuell diskutierte Lösung scheint die bereits seit über drei Jahrzehnten diskutierte Tobinsteuer zu sein. Einige Befürworter wollen damit den Finanzmarkt bändigen und mit den Erlösen Entwicklungshilfe finanzieren oder Haushaltslöcher stopfen.
Wir wissen aus der Praxis, dass neue Steuern selten dazu genutzt werden, Schulden abzubauen oder notwendige Arbeitsfelder zu finanzieren. In guten Zeiten haben die Staaten es nicht geschafft, Haushaltsdisziplin zu halten. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wirkt zu viel an Haushaltsdisziplin sogar wie „Öl ins Feuer“. Würde der Staat nicht die Konjunktur aktiv unterstützen, wäre die Rezession noch viel gravierender ausgefallen. Allerdings waren die Anwendungsgebiete der Konjunkturprogramme zumindest fragwürdig.

Wir wissen, dass viele Banken unterkapitalisiert sind und es derzeit schwierig ist, ausreichend neue Eigenmittel zu generieren. Daraus resultiert aber wieder eine gebremste Kreditvergabe, da die Banken sich an Kriterien wie z.B. „Basel II“ zu orientieren haben, wenn sie Kredite vergeben.
Der Interbankenmarkt funktioniert auch ein Jahr nach der Krise nicht richtig, sodass nur die Zentralbanken in der Lage waren und sind, die Märkte mit ausreichender Liquidität zu versorgen.

Fazit

Es ist eine schwierige Gesamtsituation und jedes soeben geschilderte Teilproblem ist erheblich. Die Fragestellungen sind aber auch nicht einzeln lösbar. Es bedarf einer Gesamtbetrachtung der Themenfelder, damit sich eine Lösung finden lässt. Für mich ist zweifelsfrei klar, dass die Lösung marktwirtschaftlich sein muss. Seit Jahren plädiere ich für eine nachhaltige Marktwirtschaft und möchte nachfolgend aufzeigen, wie alle vorgenannten Fragestellungen ganzheitlich gelöst werden können.


Ein Lösungskonzept zur Bewältigung einer Finanzkrise und der Folgen
- Die Tobinrücklage

1. Das Kapital ist Verursacher der Krise. Demnach sollte auch das Kapital im Mittelpunkt einer Lösung stehen. Höhere Steuern oder neue Steuern wie die Tobinsteuer sind keine Lösung. Vielmehr sollte auf alle Finanzmarkttransaktionen eine Rücklage gebildet werden. Jeder Aktienhandel, jeder Devisenhandel und jeder Handel von so genannten Finanzinnovationen sollten einer Tobinrücklage unterworfen werden.

2. Diese Rücklage verbleibt bei den Banken bzw. Institutionen, die die Produkte vertreiben (folgend nur noch Banken genannt). Rücklagen stärken das Eigenkapital der Banken.
Somit wäre das 1. Problem – Eigenkapitalschwäche der Banken – lösbar.

3. Diese Rücklage ist zweckgebunden und steuerfrei, darf aber vollständig als Eigenkapital gerechnet werden. Die Banken haben keine Verfügungsgewalt über diese Rücklage. Sie darf nicht für die Ausweitung spekulativer Transaktionen angerechnet werden, sondern nur für Aktivitäten, die Bezug zur Realwirtschaft haben.

4. Die Banken müssen diese Rücklage zu 100% an die Zentralbank weiterleiten. Dort wird diese Rücklage zinslos verwaltet, bleibt aber der jeweiligen Bank zugeordnet. Laut einem UNO-Bericht sollen durch eine moderate Tobinsteuer, die nun eine Rücklage in den Büchern der Banken wäre, jährlich zwischen 80 und 270 Milliarden Dollar Einnahmen erzielt werden. In Deutschland sollen angeblich jährlich 20 Milliarden Euro Einnahmen möglich sein.
Diese Rücklage wird dazu verwendet, bei künftigen Verwerfungen am Kapitalmarkt handlungsfähig zu sein, ohne dass die Staaten eingreifen müssten. Bei den vorgenannten jährlichen Summen und einem auf ein Staatsziel angepassten Rücklagensatz, könnte die Summe noch höher liegen.
Somit wäre das 2. Problem – Beteiligung der Banken an Verlusten – lösbar.

5. Es ist nicht zweckmäßig, dass dieses einmal entstandene Geld einfach aus dem Verkehr gezogen wird. Der Nutzen dieser zurückgelegten Summen ist erheblich, wenn man es einer sinnvollen Verwendung zuführt. Anders wie üblich, leihen sich die Staaten künftig Geld nicht ausschließlich auf dem Kapitalmarkt. Vielmehr leiht die Zentralbank dem Staat diese Rücklage zinslos. Diese Leihe darf nur für einen Zweck verwendet werden: Schuldenabbau, incl. Umschuldungen mit dem Ziel der Reduzierung von Staatslasten. Auf Deutschland projiziert, könnten bei einer umfassenden Tobinrücklage jährlich ohne weiteres 40 Milliarden Euro eingenommen werden. Betrachtet man die Schuldenpolitik Deutschlands der letzten Jahrzehnte und in normalen Zeiten, ist es hierdurch möglich, tatsächlich Schulden abzubauen. Mittlerweile wurde eine Schuldenbremse in das Grundgesetz aufgenommen, sodass Schuldenabbau eine Realität werden kann.
Somit wäre das 3. Problem – Schuldenabbau der Staatshaushalte – lösbar.
Es besteht demnach eine Lösung für die Schuldenreduzierung jenseits von Inflation oder Währungsreform.

6. Bei einer tiefer gehenden Betrachtung müssen die Ausleihungen der Zentralbank angemessen verteilt werden auf die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden. Die Lasten einer Wirtschaftskrise und Finanzmarktkrise haben letztlich alle Staatsgliederungen zu tragen.

7. Im Falle einer neuen Finanzkrise stellt die Zentralbank den Banken die jeweilige Rücklage zur Verfügung, damit das Eigenkapital real verfügbar wird und die Verluste von den Banken selbst getragen werden können. In dem Ausmaß, wie eine Bank sich am Kapitalmarkt durch spekulative Geschäfte beteiligt hat, kann sie hierdurch anteilig die Verluste tragen. Für kleine Banken, die sich nicht oder nur in geringem Umfang am Devisen-, Aktien-, oder Finanzinnovationsmarkt beteiligen, wird ein Anteil der Rücklagen in einen Fonds eingebracht, der von der Zentralbank verwaltet wird. So ist sichergestellt, dass kleinere Institute, die durch eine Krise getroffen werden, selbst aber nicht mitverantwortlich sind, dennoch die Krise überstehen können. Diese Stützungen werden als zinslose Darlehen von der Zentralbank vergeben und sind nach Stabilisierung der kleineren Bank durch diese wieder zurückzuzahlen.
Somit ist das 4. Problem – Destabilisierung des Finanzmarktes durch große Akteure und Zerstörung von Wettbewerbsstrukturen im Finanzmarkt durch eine Krise – lösbar.

8. Die Vorteile einer Rücklage sind hinreichend und begründet. Sie ist ideologiefrei und marktwirtschaftlich. Die Rücklage wirkt stabilisierend und gerecht. Die rechtlichen Fragestellungen sind lösbar, national wie international. Banken, die ihre Devisen-, Aktien- und Innovationstransaktionen in Länder ohne Rücklagenpflicht verlagern, um der Rücklage zu entgehen, schaden sich selbst, da sie eine einfache Methode nicht nutzen, ihr Kapital zu stärken. Neues Fremdkapital muss verzinst werden oder durch Dividenden bedient werden. Das verwässert die Kapitalanlage der bestehenden Investoren. Durch die Rücklage kann Kapital gebildet werden und das Kernkapital eine gute Rentabilität entfalten.
Somit ist das 5. Problem – Wie erreiche ich eine angemessene Eigenkapitalverzinsung für die Anleger? – lösbar.

9. Finanzmarktkrisen lassen sich nicht verhindern. Es wird immer wieder zu Übertreibungen an den Märkten kommen. Die Tobinrücklage ist aber ein hervorragend geeignetes Mittel, um künftige Krisen für die Menschen erträglicher zu machen. Die Rücklage ist ein angemessener Beitrag des Kapitals an den Kosten einer Krise und Verursacher bezogen.

10. Die gegensätzlichen Positionen von Kapital besitzenden, Arbeit anbietenden und Gerechtigkeit verteilenden Menschen lösen sich auf. Durch die Entschuldung der Staaten stehen Mittel zur Verfügung, die für andere wichtige Aufgaben zur Verbesserung der Lebensumstände weltweit notwendig sind. Der Staat ist nicht länger Gefangener seiner Zinslasten.
Somit ist das 6. Problem – Freisetzung von Staatsgeldern für Zukunft und Entwicklung und Beseitigung von Armut – lösbar.

Nun ist es an den Fachleuten aus der Wissenschaft, der Politik und Finanzwirtschaft, zu prüfen, wo der Haken an meiner These ist. Mir sind beim Schreiben dieses Aufsatzes spontan mehrere Dutzend Fragen und Schwierigkeiten bei der Umsetzung eingefallen. Alle diese Hürden sind bei ideologiefreier Betrachtung lösbar. Wir sollten die aktuelle Finanzkrise als grandiose Chance nutzen, den Finanzmarkt besser zu machen, ohne ihm unnötige Fesseln anzulegen. Die Tobinrücklage wäre eine moderne Finanzinnovation zum Nutzen der Menschen.


Mit den besten Grüßen
Dietmar Helmer
Zum Tag der Deutschen Einheit,
veröffentlicht am 03.10.2009